SEO-Analyse mit dem Trust-Efficiency-Diagramm

SEO-Beratung ist die Aufgabe, dem Betreiber einer Website zu sagen, welche Maßnahmen für eine bessere Auffindbarkeit sorgen. Dafür gibt es einige Key-Performance-Indikatoren (KPI): Die beginnen bei der Anzahl der indexierten Seiten, dem PageRank, der Anzahl an Backlinks oder dem Anteil des Google-Traffics am Gesamtverkehr. Und sie enden noch lange nicht bei Größen wie der Anzahl der Seiten, die Google-Besucher liefern oder der Anzahl an Keywords, die zu Suchmaschinentraffic führen. Das Problem dieser KPI aber ist, dass sich selten daraus unmittelbare Maßnahmen ableiten lassen. Meist kommt eine gehörige Menge Erfahrung, Intuition und Bauchgefühl des SEO-Experten dazu, die dann zu Empfehlungen führen.

Hanns Kronenberg hat vor einigen Wochen ein Verfahren vorgestellt, das die Anzahl der indexierten Seiten ins Verhältnis zur Sichtbarkeit (Sichtbarkeitsindexder Sistrix-Tools.) setzt. Dieses Modell hat er gestern weiter verfeinert und nennt es Seiten-Effizienz-Diagramm (SE-Diagramm). Beide Artikel gehören zum besten, was ich über SEO-Consulting in den letzten Monaten gelesen habe und wer den Rest dieses Beitrags verstehen möchte, sollte zumindest den zweiten der beiden Kronenberg-Artikel gelesen haben.

Nun ist zwar die Anzahl der indexierten Seiten ein wichtiger, in der Tat häufig vernachlässigter Faktor in SEO-Projekten. Allerdings sagt mir die Betrachung eines SE-Diagramms nicht, welche Maßnahmen am dringendsten sind. Denn die beiden im SE-Diagramm gegenüber gestellten Größen sind voneinander abhängig. So führt etwa eine deutliche Erhöhung der indexierten Seiten in vielen Fällen dazu, dass die Sichtbarkeit pro Seite sinkt. Wann dies der Fall ist, lässt sich aus dem SE-Diagramm nicht (direkt) ablesen.

Seiten-Effizienz-Diagramm für 19 Rezept- und Kochseiten (Klick aufs Bild für eine große Version)

Betrachten wir etwa die Website pastaweb.de: Welche Maßnahmen sollen wir den Betreibern empfehlen, um weiter nach rechts-oben im Diagramm zu kommen, was einer größeren absoluten Sichtbarkeit entspricht? Ist eine Erhöhung der Seitenzahl sinnvoll? Nun, das Diagramm sagt uns, dass es einige Websites gibt, die mit deutlich mehr Seiten im Index eine gleich große relative Sichtbarkeit erreichen – was im Endeffekt einer größeren absoluten Sichtbarkeit entspricht. Aber sind rezeptewiki.org oder kochmix.de wirklich mit pastaweb.de zu vergleichen?

Ich habe mir deshalb erlaubt, Hanns‘ Idee weiterzuentwickeln. In meinem Trust-Efficiency-Diagramm (TE-Diagramm) stelle ich die zwei wohl wichtigsten SEO-Größen gegenüber: Die absolute Sichtbarkeit aufgetragen gegen den Trust. Sichtbarkeit ist ja das Ziel aller SEO-Anstrengungen, Trust unser mächtigster Hebel. (Wobei ich als erste Annäherung für den Trust die IP-Popularity nehme, ermittelt über ein eigenes Tool. Zumindest so lange, bis uns Google eine Google Trust API bereit stellt.) Die Farben im TE-Diagramm geben an, wie viele indexierte Seiten die jeweilige Website hat: Von dunkelrot (mehr als 200.000 Seiten) über orange, blau, hellgrün bis zu dunkelgrün (weniger als 10.000 Seiten).

Trust-Efficiency-Diagramm für 19 Rezept- und Kochseiten (Klick aufs Bild für eine große Version)

Betrachten wir nun wieder pastaweb.de. Wir sehen auf einen Blick, dass eine ganze Reihe von Websites mit ähnlich guter Verlinkung deutlich besser platziert ist. Darunter sind Sites, die erheblich mehr Seiten im Index haben (kochrezepte.de, kochmeister.com), andere erreichen mit ähnlich wenig Seiten eine höhere Sichtbarkeit. Also hat pastaweb.de das Potenzial, deutlich mehr Seiten indexieren und ranken zu lassen. Aber auch eine Verbesserung der Onpage-Optimierung der bestehenden Seiten wäre anzuraten.

Anders liegt der Fall bei rezeptsuche.info: Diese Website erreicht mit recht geringer Verlinkung eine ziemlich hohe Sichtbarkeit. Hier ist offensichtlich das Potenzial an Onpage-Optimierung ausgereizt und der Schwerpunkt der Maßnahmen auf den Linkaufbau zu legen.

Allgemeine Interpretation

Linkstärke (also Trust) wird im Allgemeinen als wichtigster Rankingfaktor betrachtet. Es gibt deshalb einen Zusammenhang zwischen Trust und Sichtbarkeit: Erhöhe ich die Verlinkung einer Website und lasse alle anderen Faktoren konstant, so erhöht sich die Sichtbarkeit – und auch das Potenzial, mehr Seiten indexieren zu lassen. (oranger Pfeil im unten stehenden Diagramm). Lasse ich aber die Verlinkung kontant und verbessere ich meine Onpage-Optimierung (inklusive einer eventuell verbesserten Site-Architektur, besser gewählten Keywords und zusätzlich indexierten Seiten), so erhöht sich die Sichtbarkeit ebenfalls. (blauer Pfeil)

Trust-Efficiency-Diagramm mit Hinweisen zur Interpretation (Klick aufs Bild für eine große Version)

Die rote Linie stellt eine Näherung für den Mittelwert aller aufgeführten Websites dar. Sites, die unterhalb der Linie liegen, haben ihr Optimierungspotenzial nicht ausgeschöpft, während Sites über der Linie besonders gut mit dem vorhandenen Trust haushalten. Die gestrichelte Linie schließlich deutet das Sichtbarkeits-Maximum an, das bei gegebenem Trust erreicht werden kann.

Ich glaube, dass das Trust-Efficiency-Diagramm einen schnellen Vergleich einer Website mit seinen Konkurrenzseiten ermöglicht und auf einen Blick zeigt, welche Optimierungsmaßnahmen den meisten Erfolg versprechen. Dabei stellt das TE-Diagramm keine Alternative zum Seiten-Effizienz-Diagramm von Hanns Kronenberg dar, sondern ergänzt es um einen anderen Blickwinkel.

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Page Efficiency Index – Inhouse-SEO Jens erklärt, wie das Seiten-Effizienz-Modell bei T-Online eingesetzt wird.
Erfolgsmessung von Suchmaschinenoptimierung (SEO) – Alexander Holl rechnet beispielhaft vor, wie Erfolgsmessung in SEO-Projekten aussehen könnte.