Produktnamen und Google

Name ist Schall und Rauch lehrt uns Goethe im Faust, ein bekannter Spruch, der im Marketing falscher nicht sein könnte. Doch dass Namen, vor allem Produktnamen, auch für die Suchmaschinenoptimierung von zentraler Bedeutung sind, wird allzu oft übersehen.

Ich habe in den letzten Monaten mein altes Hobby der Fotografie für mich wiederentdeckt. Da ich viele Jahre der Entwicklung nicht mitbekommen hatte, musste ich mich intensiv einlesen und aktuelle Produktlinien mit ihren oftmals interessanten Produktnamen studieren. Nach langer Recherche bin ich beim Micro Four Thirds-Standard von Olympus und Panasonic gelandet.

Nun handelt es sich dabei um fotografisch hervorragende Produkte, trotzdem haben sie ein gewaltiges Handicap: Die Recherche im Web dazu ist alles andere als einfach. Denn die Nutzer, Blogger und Forenbetreiber haben sich die unterschiedlichsten Schreibweisen dafür ausgedacht:
Micro Four Thirds, Micro FT, MFT, M4/3, M43, Micro 4/3, µFT, uFT, µ43, u43

Diese Schreibweisen sind so unterschiedlich, dass Googles Synonymerkennung, die bei ähnlichen Fällen in die Bresche springt, hier komplett versagen muss. Zudem stehen einige der benutzten Kürzel für andere Produkte, vom BMW-Motor über die ungarische Autobahn bis zum Minensuchboot. Eine Suchanfrage, die alle Artikel über Objektive zu diesem System zeigen soll, müsste also in etwa so aussehen:
objektive m43 OR mft OR „m4/3“ OR µFT OR „micro four thirds“ OR „micro ft“

Site-Suche

Doch nicht nur Google hat Probleme mit diesen Produktnamen, fast noch schlimmer wird’s bei Site-internen Suchfunktionen. Ein deutsches Forum etwa, das sich auf diese Art von Kameras spezialisiert hat, findet weder für die Suchanfrage m4/3 noch für µFT auch nur einen einzigen Treffer. Und auch Recherchen in Ebay oder Preissuchmaschinen führen nur mit einzelnen der oben aufgeführten Varianten zum Erfolg. Teilweise hat das mit der Zerlegung der Suchanfrage in einzelne Wörter zu tun, aber auch die Volltext-Engine der Datenbank MySQL scheint ihren Teil dazu beizutragen. Denn in der Standardeinstellung der Volltext-Suche ignoriert MySQL alle Wörter, die kürzer als vier Buchstaben sind.

Eine weitere Problemstellung zeigt sich am Micro Four Thirds-System recht schön. Hier haben Unternehmen eine ganz neue Art von Kamerasystem eingeführt, die es bisher nicht gab. Entsprechend gibt es dafür auch keinen etablierten Überbegriff. Nun haben die Marketer zwar an ein gemeinsames Logo inklusive gemeinsamer Website gedacht, aber keinen griffigen generischen Überbegriff ersonnen. Am nächsten kommt dem ganzen noch das Wortungetüm „spiegellose Systemkamera“, aber darunter fallen letztlich auch die seit sechzig Jahren etablierten Leica M-Kameras.

Dieses Beispiel zeigt uns, wie wichtig es ist Suchmaschinenoptimierung als Querschnittsaufgabe in einem Unternehmen zu sehen. Denn wenn der Produktname für Suchmaschinen untauglich ist, kann auch der beste SEO nichts mehr retten. Dabei gibt es im Fotografiebereich noch weitere Beispiele für solche Probleme.

Weitere Beispiele

Die bereits erwähnte Firma Leica hatte in den siebziger Jahren eine Abwandlung seines Modells M4 eingeführt und als M4-2 bezeichnet. Google interpretiert die Suchanfrage M4-2 aber als M42 – das ist ein zwar alter, aber weit verbreiteter Objektivanschluss und nebenbei noch das Kürzel für den unter Astronomen sehr bekannten Orionnebel. Entsprechend schwierig gestaltet sich auch hier wieder die Recherche.

Nun können wir den Marketingmenschen aus den Siebzigern nicht vorwerfen, zwanzig Jahre vor Google einen Google-untauglichen Namen entworfen zu haben. Allerdings lässt sich dieser Vorwurf der Firma Pentax nicht ersparen. Denn die findigen Japaner gaben im Jahr 2003 ihrer ersten digitalen Spiegelreflexkamera allen Ernstes den Namen *ist D – richtig, das Sternchen ist ein Teil des Produktnamens! Google kommt zwar inzwischen damit recht gut zurecht, Ebay aber interpretiert den Stern als Platzhaltersymbol und moniert, dass mindestens zwei Buchstaben davor stehen müssten, in den Suchergebnissen findet sich denn auch kein einziges Pentax-Modell.

So geht’s besser

Die Liste mit solchen Fällen ließe sich noch lange fortführen, vor allem wenn wir einen Blick auf die Produktbezeichnungen im Industriebereich werfen. Namen wie „C 5E“ oder „P 2000“ sind hier an der Tagesordnung. Ohne weitere Zusätze sind diese absolut nichts sagend und Treffer ergeben sich höchstens zufällig. Eine weitere Komplexität ergibt sich aus den teils enorm kurzfristigen Produktzyklen. Oft ist ein Produkt kaum auf der Website aufgeführt, wird es schon durch ein anderes ersetzt. Und die Bezeichnung ändert sich dabei natürlich – wobei das gar nicht so sein muss.

Wie so oft, macht uns auch hier Apple vor, wie wir damit besser umgehen können: Apple setzt auf langlebige Produktnamen, die genaue Produktbezeichnung kennen oftmals noch nicht mal die Eigentümer der Geräte. Das Apple MacBook etwa gibt es seit Frühjahr 2006, mit inzwischen über zwanzig verschiedenen Varianten – auf der Homepage ist aber immer nur vom MacBook die Rede. Diese Langlebigkeit hilft für SEO ungemein, macht es allerdings Kunden und dem Support nicht gerade einfach, das richtige Zubehör oder die richtigen Ersatzteile zu finden. Umgekehrt ist aber eine Produktbezeichnung wie etwa „Acer Aspire Timeline X 4830TG-2434G75Mibb“ auch nicht eben kundenfreundlich.

Diese Beispiele verdeutlichen jedenfalls, dass Suchmaschinenoptimierung nicht erst auf der Website beginnen kann. Bereits lange bevor ein Unternehmen an SEO denkt, werden Entscheidungen getroffen, die erheblich sein können für den Erfolg eines Angebots. Um so wichtiger SEO deshalb für ein Unternehmen ist, desto früher müssen SEO-Aspekte in den Produktmanagement- und Marketingprozess einfließen.