Wie Google das Nutzerverhalten vielleicht fürs Ranking nutzt

In den letzten Monaten sollte auch dem letzten Zweifler klar geworden sein, dass Google das Nutzerverhalten für sein Ranking auswertet. Der Inhalt von Suchanfragen wird dazu ebenso herangezogen wie das Klickverhalten der Nutzer auf den Suchergebnisseiten. Bevor wir uns der Frage zuwenden, wie das funktioniert, möchte ich erst für die noch immer Zweifelnden einen kurzen Überblick geben, warum so viel für die These spricht, dass Google tatsächlich Nutzerdaten auswerten.

Google hat die Nutzerdaten

Erst kürzlich hat Google erklärt, dass personalisierte Suche nun Standard ist und nur per Opt-out abgeschaltet werden kann. Das bedeutet, dass Google von (fast) jedem Nutzer die Suchanfragen und die dazu gehörigen Ergebnisklicks kennt. Und über die diversen anderen Google-Angebote von Google Analytics bis hin zu Doubleclick kann Google sogar noch nachvollziehen, was der Nutzer auf den angeklickten Seiten treibt. An den Daten soll’s also nicht scheitern.

Google hat ein Patent auf die Auswertung von Nutzerverhalten

Am 27. Oktober 2009 bekam Google das Patent „Rank-adjusted content items“zugesprochen. Dieses Patent beschreibt ein Verfahren, wie komplette Suchsessions ausgewertet und fürs künftige Ranking benutzt werden.

Google hat die Nutzung bestätigt

Zumindest für die Auswahl und das Ranking der Google News-Ergebnisse hat Google bereits bestätigt, dass das Nutzerverhalten eine Rolle spielt.

The ranking of these articles will be subject to the same criteria as all sites in Google, whether paid or free. (..) It’s simply based on the popularity of the content with users and other sites that link to it.

Quelle: Google News Blog: „Google and paid content“

I would say another really important signal for us in recent quarters has been the user behavior. Their behavior has become a really helpful signal for us in trying to determine that same trusted quality of a given source.

Quelle: Josh Cohen Interviewed by Eric Enge

Warum sollte Google ein derart sinnvolles Rankingkriterium lediglich für Google News nutzen, für die Websuche aber außen vor lassen?

Das Nutzerverhalten und SEO

Nachdem nun alle überzeugt sind, dass Google das Nutzerverhalten ins Ranking einfließen lässt, stellt sich die Frage, welche Mechanismen dabei eine Rolle spielen und wie das für die Suchmaschinenoptimierung auszunutzen ist.

Beliebtheit von Websites

Für Google am einfachsten umzusetzen ist die Beliebtheit von Websites als Signal fürs Ranking zu verwenden. Sobald auf einer Website Google Analytics oder AdSense eingebunden ist, weiß Google genau, wie viele Besucher und wie viele PageImpressions die Site hat. Für alle anderen Sites kann Google über die Toolbar und alle anderen Extensions, die automatisiert den PageRank abfragen, ebenfalls eine ordentliche Schätzung abgeben. Das ermöglicht Google, die Besuchshäufigkeit einer Website als ein Rankingkriterium zu nutzen.

Click-Thru-Rate auf ein Ergebnis

Ebenfalls einfach auszuwerten sind die Klickraten auf ein bestimmtes Suchergebnis. Google kennt ja die durchschnittlichen Klickraten auf ein Ergebnis, abhängig von dessen Position (Platz 1, Platz, 2, etc.) , den umgebenden Suchergebnissen (Steht vor dem Online-Shop die Konkurrenz oder Wikipedia?), dem Suchanfragetyp (Navigational oder Transactional Query?) und der Einblendung von Universal Search Ergebnissen. Wird nun beispielsweise für die Suchanfrage fernseher das Ergebnis auf Position fünf häufiger angeklickt als dies aufgrund der oben genannten Faktoren zu erwarten wäre, so ist das für Google ein Signal, diese Seite künftig besser zu platzieren. Für Ergebnisse, die recht weit hinten stehen und deshalb selten angezeigt werden, ist es möglich, sie vereinzelt weiter vorne anzuzeigen und dann das oben beschriebene Klickverhalten auszuwerten.

Wer nun aber glaubt, er brauche nur ein Klickscript zu schreiben und das auf Google loszulassen, der sollte sich unbedingt Julians Artikel zu den Mythen übers Userverhalten durchlesen.

Einfluss früherer ähnlicher Suchsessions

Das bereits erwähnte Patent „Rank-adjusted content items“ funktioniert in etwa so: Google stellt fest, dass Nutzer, die in einer Session nach fernseherbreitbild und lcd-tv gesucht haben, anschließend häufig samsung.de besuchten. Wenn nun Google während einer aktuellen Suchsession sieht, dass ein Nutzer nach tv-gerätbreitbild und lcd-tv sucht, dann geht Google davon aus, dass samsung.de ein sinnvoller Treffer ist – auch wenn die Suchsessions nicht identisch sind. Letztlich ist das nur eine Erweiterung des zuvor beschriebenen Verfahrens, da hier nun mehr als nur eine Suchanfrage benutzt wird.

Die Bounce-Rate (Absprungrate)

Auch die Absprungrate kann als Rankingkriterium benutzt werden. Diese Größe gibt an, wie viele Besucher nur eine einzige Seite dieser Website betrachtet haben. Eine geringe Absprungrate kann als Indiz für eine interessante Website gewertet werden – aber auch als Hinweis für eine schlechte Usability. Deshalb greift der Ansatz „hohe Bounce-Rate gleich schlechteres Ranking“ viel zu kurz. Um das Verhalten sinnvoll einfließen zu lassen, muss Google berücksichtigen, was der Nutzer nach der Rückkehr von der angeklickten Seite macht. Geht er auf den nächstplatzierten Treffer und kommt erst nach längerer Zeit wieder auf die Google-Startseite, ist das ein Hinweis darauf, dass dieser nächste Treffer seine Suchanfrage besser bedient hat. Bricht er aber unmittelbar nach der Rückkehr seine Suchsession ab, könnte das heißen, dass der angeklickte Treffer gleich auf der ersten Seite das geliefert hat, was der Nutzer finden wollte.

Kookkurrenz in Suchanfragen

Das gleichzeitige Auftreten (Kookkurrenz) von Wörtern in Suchanfragen ist ein deutliches Indiz dafür, dass diese Begriffe etwas miteinander zu tun haben. Typische Beispiele dafür sind etwa nokia handy oder bmw gebrauchtwagen. Stellt Google fest, dass Suchanfragen der Art Marke + Generischer Begriff häufig vorkommen, so kann Google daraus schlussfolgern, dass die Marke zu diesem generischen Begriff gehört und somit eine erhebliche Bedeutung dafür haben kann. Spekulationen sagen, dass auf diese Weise das Nutzerverhalten ausgenutzt wird, um den bekannten Brand-Boost zu ermitteln.

Wie groß ist der Einfluss des Nutzerverhaltens?

Mit Sicherheit nutzt Google alle möglichen Nutzerdaten aus, um damit die Suchergebnisse zu verbessern. Da Google ja auch im internationalen Vergleich viel häufiger genutzt wird als konkurrierende Suchmaschinen, hat Google hier ein Alleinstellungsmerkmal, das keine andere Suchmaschine aufzuweisen vermag. Allerdings bleibt die Frage, wie groß der Einfluss dieser Daten aufs Ranking tatsächlich ist.

Auf der diesjährigen SES gab’s einen schönen Vortrag über die Klickwahrscheinlichkeit in Abhängigkeit von der Platzierung. Dort wurde am Beispiel der Suchanfrage auto gezeigt, dass mobile.de auf Platz 3 eine höhere Klickwahrscheinlichkeit aufweist als auto.de auf Platz 1 – während im Normalfall Platz 1 etwa fünfmal so viele Klicks abbekommt wie Platz 3. Trotzdem reicht dieses deutliche Nutzervotum nicht aus, mobile.de auf Platz 1 zu hieven. Ein anderes Beispiel zeigt mir eines meiner Testblogs, das mit einem Keyword weit vorne platziert ist. Der einzige ersichtliche Grund dafür sind einige Kommentare, die ich in anderen Blogs hinterlassen habe, wovon die meisten aber sogar auf Nofollow gesetzt sind.

Als Fazit lässt sich festhalten, dass das Nutzerverhalten einen Einfluss aufs Ranking hat. Allerdings sollte dieser Einfluss nicht überbewertet werden. Denn um allzu simple Manipulationen auszuschließen, kann Google nur grobe Trends erfassen. Deshalb ist auch hier der wohl beste Tipp: Bau‘ sinnvolle Websites für die Nutzer und optimiere sie mit Sinn und Verstand.